Kalmükische Märchen - Die Märchen des Siddhi-Kür oder Erzählungen eines verzauberten Todten aus dem Kalmükischen üb von B Jülg (1866).pdf

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KALlVIÜKISCHE
~IÄRCHEN.
DIE MÄRCHEN DES SIDDHI-KfrR
ODER
ERZÄHLUNGEN EINES VERZAUBERTEN TODTEN.
EIN BEITRAG Zl:R SAGENKUNDE AUF
BUDDIIISTISCIlE~1
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GEBIET. .
AUS DEM KALMÜKISCHEN ÜBERSETZT
VON
B. J
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. LEIPZIG 1866..
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F. A. B R 0 C K HAU S.
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Aus r:einem gleichzeitig erscheinenden grösseren Werke: "Die Märchen
des
Szädld-kflr .
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Kalmükischer Text mit deutscher Übersetzung und einem kalmll-
kisch-deutschen Wörterbuch. Lex.-8°. Leipzig 1866. F. A. Brockhaus" wird hier
einem grösseren Publicum die deutsche Übersetzung in· besonderem Abdrucke
geboten. Während das grössere Werk, von seinem Inhalt auch abgesehen, haupt-
sächlich einen Beitrag zur Kenntniss der kalmükischen Sprache liefern soll, dürfte
die blosse Übersetzung denjenigen, die sich mit Sagen- und Märchenforschung
beschäftigen, ohne an der sprachlichen Seite gerade Antheil zu nehmen, nicht
unwillk9mmen sein.
Benf~y's
treffliche Untersuchungen im ersten Bande seines
Pantschatantra (Leipzig 1859) haben in der Erforschung unserer Sagen-
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Märchenwelt nach allen Seiten befruchtend gewirkt. Es ist seither auf diesem
Gebiete ein regel' Eifer zu Tage getreten, den ungeheuern Stoff zu sichten und zu
lichten. Das bedeutendste Ergebniss der Benfey'schen Forschungen ist der gelun-
gene Nachweis, dass die Hauptmasse unserer Märchen und Erzählungen aus
Indien stammt und auf verschiedenen Wegen sich nach Europa verbreitet hat,
im Süden durch die islamitischen, im Norden durch die buddhistischen Völker.
Der Kern ist stets derselbe, der ursprünglich indische, die Hülle dagegen hat sich
nach den ethischen Bedürfnissen und socialen Anschauungen der Völker manch-
fach umgewandelt. Benfey hat nun ganz besonders den Mongolen während ihrer
fast 200jährigen Herrschaft in Osteuropa einen vorzüglichen Antheil an der Ver-
breitung und Übermachung der ihnen durch den Buddhismus aus Indien zugekom-
menen Märchen und Erzählungen an Slawen und dadurch mittelbar an Germanen
zuerkannt. Und ein solches bei den Mongolen weitverbreitetes beliebtes Märchen-
buch , das auf indischer Grundlage
(Veto1apanlCaviia)at()
beruht, ist es, das ich
hier in Übersetzung aus dem Kalmükischen biete. Zwar hat schon ,B e nj. Bel' g-
mann in seinen Nomadischen Streifereien unter den Kalmüken. 8°. Riga 1804.
I. 249-351 eine Übersetzung desselben Werkes gegeben, die aber in vielen
Theilen mangelhaft ist und den heutigen Anforderungen kaum mehr genUgen
dürfte. Mein Hauptzweck , dem Sprachforscher ein' Hilfsmittel zum Studium des
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VI
Kalmükischen zu liefern, mag es entschuldigen, wenn meine Übersetzung etwas
ungelenk und fremdartig erscheint; sie musste möglichst treu sein, um beim Lesen
des Urtextes unterstützend und f6rdernd an die Hand zu gehen. Es wurde daher
das Colorit des Originals, soweit es mit dem Genius der deutschen Sprache ver-
einbar schien, beizubehalten gesucht. Eine Übersetzung ohne diesen Nebenzweck
hätte freilich anders ausfallen mUs sen. Sie aber nochmals eigens umzuarbeiten,
hätte zu viel Mühe und Kosten verursacht. Daher bitte ich, sie auch in diesem
etwas fremdartigen Gewande freundlich aufzunehmen.
Zum Verständniss einzelner Stellen sind am Schlusse die nothwendigsten
Erläuterungen beigefügt worden.
So anziehend es auch gewesen wäre, auf eine Vergleichung der Erzählungen
des
Süldhi-kflr
mit denen der übrigen Märchenkreise näher einzugehen, so musste
ich es mir doch für diesmal versagen. Benfey hat hierin Grosses geleistet. Nur im
Vorbeigehen erwähne ich, dass z.
B.
unsel~
er s te Erzählung sich theilweise
wiederfindet in R
0
sen s Papagaienbuch 1.
151-159
und sich treu wiederspiegelt
in Wenzigs westslawischem Märchenschatz "die vier Brüder" S.
140-143.
Die
zeh nt e Erzählung des
SiddM-kl1r
hat ihr treffendes Seitenstück in Wie k er-
ha us ers Papageimärchen S.
212-214.
Für die elfte Erzählung mit dem Tiger
im Kasten vergleiche man ausser den Seitenstücken
i~
PanlCatantra
besonders
die zwei von Th. Aufrecht in Ztschr. d. D.M.G.
1860.
XIV.
569-581
aus der
Bharafakadvatrz'n9atika
und dem
KatharJ}ava
mitgetheilten Erzählungen, wo sich
Betbruder, Bussübungen , hölzerne Kiste, Affe, Verbot des Nahens u. s: w. täu- .
sehend ähnlich finden; selbst der Name'
Suvar~adhari,
findet sich wieder im
Namen der Stadt
Suvar'(lapur.
Über die ganze Situation zum Verständniss dieser Erzählungen gibt wohl
die Einleitung der Übersetzung selbst hinreichenden Aufschluss. 'Bezüglich des
Namens
Siddhz:'kflr
verweise ich auf die Anmerkung S.
66;
er entspricht. dem
sanskritischen
Vetala.
Der Chanssohn wird aufgefordert zur Sühne seiner Schuld
von der Leichenstätte den Todten, in welchem der
Vetala
haust, zu holen, damit
der Meister vermittelst desselben seinen Zauber ausüben könne; doch darf der
Träger während des Tragens sich kein Wort entschlüpfen lassen.
Im
Anfan'ge
hält sich der Chan auch.
St"ddhz'-kflr
legt es dann aber am Schlusse seiner Erzäh-
lung jedesmal darauf an, dass der Chan in ein Wort oder einen Ausspruch unwill-
kürlich ausbrechen muss, und dies wiederholt sich dreizehn :Mal, bis der Chan vom
Meister des ihm gegebenen Auftrages entbunden wird.
Innsbruck, im October
1865.
SIDDI-II -I{UR.
B. JÜlg.
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1
Einleitung.
D~
siegreich vollendeter Nagarguna, welchem der Name Garbha zur
Erklärung beigegeben worden, welcher, indem er das auswendig und
inwendig reine Gefäss (der Buddha-Lehre) in seiner 'Wesenheit er-
lep.chtet hat, das Verständniss der Mittellehre
(madh.{amika)
des wahren
Sinnes
(paramartha)
erschliesst, der zweite Lehrer, vor dem verbeuge
ich mich. Eben dieses Meisters Nagarguna und des auf glücklichem
und gutem Pfade wandelnden Chanes erstaunliche und wundersame
Geschichte, die in der Absicht erzählt ist, damit man, wenn man deren
von den Weisen znsammengestellten Hauptinhalt nach Bedürfniss in
sein Herz aufgenommen, durch Vortragen, Hören und Lesen die
höchste Vollendung erlange, habe ich im l\Iärchengewande in drei-
zehn Capiteln nacherzählt. Die Veranlassnng zu dieser Erzählung ist
folgende.
In Indiens l\Iittelreich wohnten sieben Brüder als Zauberer.
Gleichzeitig mit ihnen lebten weiter in der Entfernung einer Meile
ihrer zwei Brüder, Chanssöhne. Der ältere von diesen machte sich auf,
um von den Zauberern die Zaubel'kunst zu erlernen. Obgleich sie.ihn
sieben Jahre lang unterrichteten, so lehrten ihn die Zauberer den
Schlüssel zur Zauberei in "Wirklichkeit doch nicht. Einstmals hatte der
jüngere Bruder sich aufgemacht seinem älteren Bruder Lebensmittel
zu bringen
7
und kaum hatte er bei dieser Gelegenheit verstohlen durch
die Ritze einer Thüre geblickt, als er den Schlüssel zur Zauberei auf
einmal fand; ohne seinem älteren Bruder die für ihn bestimmten
Lebensmittel zu geben, kehrten sie beide zusammen in ihre Königs-
burg zurück. Da sprach der jüngere Bruder zum älteren: "Die Zauberer
werden vielleicht erkennen, dass wir die Zauberkunst erlernt haben.
In unserem Stalle befindet sich ein. vortreffliches Pferd; führe dasselbe
am Zügel, wende dich aber nicht in der
Ric~tung
nach den sieben
,
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