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Römerstraßen: römisch oder keltisch?
© Gernot L. Geise, veröffentlicht in EFODON-SYNESIS Nr. 5/1994
Das Straßennetz im "Römischen Reich" umfasste unter Traian eine Gesamtlänge von etwa
80.000 Kilometer1. Man weiß, dass es hierzu Reisehandbücher und Straßenverzeichnisse gab.
Die "Römerstraßen" waren nicht etwa nur irgendwelche unbefestigten Feldwege, sondern sie
waren perfekt gebaut: auf einer durchschnittlichen Breite von etwa vier Metern wurde eine
fünffache Schicht aufgetragen. Auf den Mutterboden kam zuerst eine Grobschichtung aus
Steinen. Darauf wurde eine Querlage aufgebracht. Als nächste Schicht kam darauf eine
Grobschüttung aus grobem Kies, und darauf eine Kies-Feinschüttung. Obenauf schließlich wurde
eine Plattenlage mit einer Gleisspur (auch Regenrinne) verlegt2. Dabei wurde immer auf eine
regelmäßige Wölbung der Straßendecke geachtet, damit das Regenwasser abfließen konnte. In
Ortschaften errichtete man an den Seiten mehr oder weniger breite Gehwege. Außerhalb von
Ortschaften wurden die Straßen durch beiderseitige Gräben begrenzt, um Überschwemmungen zu
verhindern. Die Straßen passten sich im allgemeinen dem Gelände an und verliefen nur
ausnahmsweise über gradlinige Strecken. In schwierigem Gelände legte man Stützmauern,
Brücken, Viadukte und Tunnel an. In Sümpfen schützte man die Straßen durch Dämme und
Entwässerungsgräben3. Ein typisches Kennzeichen "römischer" Landstraßen waren die
säulenförmigen Meilensteine, die Meile für Meile am Straßenrand standen. Sie enthielten
eingemeißelt wichtige Angaben: neben dem Namen des Erbauers bzw. des Kaisers die
Bezeichnung der Strecke und die Entfernung des Steines vom Ausgangspunkt der Straße oder
von der nächsten Ortschaft4.
Oft wurde eine Straßenbenutzungsgebühr erhoben. Ausgangspunkte für die "römisch"-
germanischen Militär- und Verkehrsstraßen waren Augsburg, Trier, Mainz und Köln5.
Das Straßennetz, das im Nachhinein den "Römern" zugeschrieben wurde, kann nur vorher
vorhanden gewesen sein, wenn man von der "römischen" Invasionstheorie ausgeht. Die
hochstehende Technik der Kelten mit ihren ausgefeilten vierrädrigen Pferdewagen bedingte
logischerweise zwangsläufig ein gut ausgebautes Straßennetz. Dass dieses natürlich von der
"Römer"-Armee mitbenutzt wurde, liegt auf der Hand. Selbstverständlich ist es nicht abzuweisen,
dass auch hier und dort "Römer"-Einheiten Straßen anlegten oder Ausbesserungsarbeiten an
vorhandenen oder zerstörten Straßen vornahmen. Soldaten wurden in Friedenszeiten schon
immer, bis in die heutige Zeit, für unmilitärische Einsätze eingesetzt. Wäre es jedoch so gewesen,
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wie es vorgegeben wird6, dass die römischen Legionen bei ihrem Vormarsch in das feindliche
Gebiet die Straßen neu angelegt hätten, sie hätten niemals ein solches Weltreich erobern können,
wie es in den Büchern steht. Denn in der Praxis ist es nicht möglich, Straßen anzulegen (wie viele
Meter pro Tag?), auf denen gerade mal drei Mann mit ihrer Ausrüstung nebeneinander her gehen
können, und diese Dauerbaustelle in feindlichem Gebiet auch noch so zu verteidigen, dass die
Bauarbeiter ungestört weiterarbeiten können. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit. Und noch ein
Einwand: wenn die "römischen" Soldaten die Straßen für militärische Aufmarschzwecke
angelegt hätten, warum dann nicht gleich in der richtigen Breite, dass sechs Soldaten oder zwei
Wagen nebeneinander hergehen/fahren könnten? Die sogenannten "Römerstraßen" müssen also
irgendwann
vor
der "römischen" Zeit, auf friedliche Art und Weise, in Friedenszeiten, angelegt
worden sein.
Eine ehemalige Straße bei Tutzing
Wir fanden in der Nähe des Parkplatzes auf der Ilka-Höhe bei Tutzing (Lkr. Starnberg, Bayern)
unmittelbar rechts neben der Zubringerstraße zum Parkplatz die Fragmente einer ehemaligen
"Römer"/Keltenstraße. Etwa dreißig Meter weit erstreckt sie sich als Hohlweg parallel neben der
heutigen Straße. Danach beschreibt sie einen Knick, erstreckt sich, überwachsen, quer über eine
Weide - heute noch flankiert von alten Begrenzungsbäumen -, und verläuft sich in einem
angrenzenden Waldstück.
Die alte Straße, hier als Hohlweg, parallel zur Zufahrtsstraße zum Parkplatz „Ilka-Höhe“ bei Tutzing.
Die überwachsene Straßenführung im angrenzenden Wald.
Verläuft sich? Nein, die Straße ist nur total zugewachsen. Wir konnten den Verlauf zunächst
durch radiästhetische Mutung rekonstruieren, und erkannten dann am Bewuchs mit bloßem Auge
die alte Trassenführung. Im Wald beschrieb diese alte Straße eine weitere Kurve, verläuft dann
etwa zweihundert Meter parallel zu einer kleinen Schlucht, in der sich ein Bach hineingefressen
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hat. Und dann kommt eine Stelle im Wald, wo in früherer Zeit eine Brückenkonstruktion über die
Schlucht geführt hatte. Auf der anderen Seite erkennt man die Fortführung der Straße.
Hier, wo einst eine Brücke vorhanden war, ist das Erdreich links und rechts etwas abgerutscht
und legt Teile des Straßenunterbaus frei.
Muss man noch erwähnen, dass diese ehemalige Straße in keiner Karte verzeichnet ist?
Die Schlucht mit dem Bachbett. Auf der anderen Seite der Schlucht erkennt man die Fortsetzung der Straße (Pfeil)
Nahaufnahme des „Brückenkopfes“. Hier ist das Erdreich teilweise abgerutscht und legt Teile des
Straßenunterbaues frei (Pfeile)
Anmerkungen
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
Irmscher, S. 567 f.
ebd.
Pleticha/Schönberger, S. 435 f.
ebd., S. 436
Irmscher, S. 567 f.
Quellen
Irmscher, Johannes (Hrsg.): „Lexikon der Antike“, Augsburg 1990.
Elbe, Joachim von: "Die Römer in Deutschland", München 1984.
Pleticha/Schönberger: „Die Römer“, Bindlach 1992.
Fotos: © Gernot L. Geise
Zeichnung nach: "Lexikon der Antike".
© 1994 EFODON e.V.
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