Spiegel Special 2003-1 - Als Feuer vom Himmel fiel.pdf

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HAUSMITTEILUNG
m die Geschichte des Bombenkriegs von 1942 bis 1945, der das
Gesicht aller deutschen Großstädte für immer prägte, hat die Öf-
fentlichkeit mehr als ein halbes Jahrhundert lang scheu einen
Bogen gemacht: Erst forderte die Dynamik des Wiederaufbaus
die Verdrängung all dessen, was unter den Trümmern begraben wurde,
dann wies das Bewusstsein eigener Schuld die Beschäftigung mit dem eige-
nen Schmerz zurück – der Gedenkkult blieb Sache von Rechten und Re-
vanchisten. Erst seit ein paar Jahren kehrt, wie die Erinnerung an Flucht
und Vertreibung nach 1945, die Erinnerung an die Feuerstürme, die deut-
sche Stadtzentren verschlangen, ins
öffentliche Bewusstsein zurück.
SPIEGEL special zeichnet nach,
wie der Bombenkrieg mit den An-
griffen der Deutschen auf Guernica,
Warschau, Rotterdam oder Coven-
try begann und schließlich ver-
nichtend auf Deutschland zurück-
schlug – von den Testläufen in Lü-
beck und Köln bis zu der „Opera-
tion Gomorrha“ in Hamburg und
dem Inferno von Dresden. Die be-
Bombenabwurf auf Deutschland
reits im Januar erschienene SPIE-
GEL-Serie mit dem der Bibel entlehnten Titel „Als Feuer vom Himmel fiel“
(siehe die Geschichte von der Zerstörung Sodoms und Gomorrhas) wird er-
gänzt durch weitere Berichte, Reportagen und Analysen, die neue Aspekte
und lange Zeit tabuisierte Ereignisse beleuchten. SPIEGEL-Redakteur Wolf-
gang Bayer reiste in die Ostseehafenstadt Swinemünde und sprach dort mit
Zeitzeugen, die den Angriff der Amerikaner kurz vor Kriegsende miterlebt
hatten, bei dem mehr als 20 000 Menschen – viele davon Flüchtlinge auf
dem Treck nach Westen – den Tod fanden. „Das vergesse ich nie, und wenn
ich hundert Jahre alt werde“, sagte eine Gesprächspartnerin. Eine andere
erinnerte daran, dass nicht nur die
Amerikaner Bomben abgeworfen
haben, sondern auch die russischen
Besatzer nach Einnahme Swine-
mündes „Freudenfeuer“ gelegt hät-
ten. Georg Bönisch und Christian
Habbe schildern, wie mit den ein-
stürzenden Bauten der zerbombten
Städte auch der NS-Zwangsstaat
bröckelte. Hitlers Schergen mussten
miterleben, wie ihr Land aus dem
Gleichschritt geriet: Die Gestapo
Brennendes Hamburg (1943)
hatte immer mehr Mühe, Schwarz-
handel, Protestmusik und Widerstand zu unterbinden. In Kassel marodierte
die „Bärenbande“, in Düsseldorf der „Klub der goldenen Horde“, in Chem-
nitz die „Stadtbadbrühe“. Weitgehend Unbekanntes enthalten auch die Ar-
tikel des Freiburger Militärhistorikers Heinrich Schwendemann und des
SPIEGEL-Redakteurs Rainer Traub. Schwendemann beschreibt die erstaun-
liche Karriere vieler NS-Architekten, die nach 1945 erneut zum Zuge ka-
men und den Wiederaufbau der zerstörten Städte nach Hitlers Ideen gestal-
teten. Rainer Traub sprach mit Menschen, die noch heute unter den seeli-
schen Wunden leiden, die sie als Kinder im Bombenhagel erlitten.
S P I E G E L
S P E C I A L
U
H. BRUNSWIG / FEUERWEHR HBG / LANDESMEDIENZ. HAMBURG
1/2003
3
DER SPIEGEL
INHALT
SEITE 24
Hitlers Terror
Lange, bevor Churchill die
flächendeckende Bombardie-
rung Deutschlands anordnete,
hatten die Nazis schon Städte
wie Coventry, Warschau oder
Rotterdam zertrümmert.
SEITE 72
TOPHAM PICTUREPOINT (L.)
Der Krieg am Himmel
In einer Materialschlacht ohnegleichen setzten die
Alliierten bis zu 30 000 Flugzeuge ein, die in anderthalb
Millionen Einsätzen fast doppelt so viele Tonnen Spreng-
sätze auf zivile und militärische Ziele abwarfen.
SEITE 86
Leben in Trümmern
Mit List und Erfindungsreichtum überstand die Bevölkerung das Chaos in den bombardierten Städten.
Auf einmal wurde unter den eben noch so sittenstrengen Deutschen gestohlen und geschoben wie nie.
DER LUFTKRIEG ÜBER EUROPA
DEUTSCHLAND IM FEUERSTURM
Wie der von Hitler begonnene Bombenkrieg vernichtend
auf die Deutschen zurückschlug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Nobelpreisträger Blobel über das zerstörte Dresden . . . . 16
SPIEGEL-Gespräch mit dem Historiker
Hans-Ulrich Wehler über die
Lehren aus den Todesbombardements . . . . . . . . . . . . . . 21
HITLERS BOMBENTERROR
Der Bombenhagel auf die Städte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
Warum wurde das KZ Auschwitz nicht bombardiert? . . 40
Die „Operation Gomorrha“ in Hamburg . . . . . . . . . . . . 46
Das Inferno von Swinemünde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
Der Bombenkrieg in der deutschen Literatur . . . . . . . . . 54
KRIEGSRECHT UND MORAL
Die Angriffe der Deutschen auf Europas Städte . . . . . . . 24
Historiker Lew Besymenski über
die Bombardierung Stalingrads . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
Neue Dokumente über
die Vernichtung von Guernica . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
Die Debatte in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
Arthur Harris – Kommandant
der britischen Bomberflotte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
Churchills Pläne zum Einsatz von Giftgas . . . . . . . . . . . 68
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SEITE 110
Ewiges Trauma
Fast 60 Jahre nach Kriegsende leiden noch immer viele Menschen an Depressionen
und anderen Spätfolgen der seelischen Verletzungen, die sie im Bombenhagel
erlitten. Ärzte und Therapeuten haben das Problem erst spät entdeckt.
DER SPIEGEL (M.); INTERFOTO (R.O.)
SEITE 36
Städte im Feuersturm
Um die Moral der Bevölkerung zu brechen, begannen
die Engländer ab 1942 mit Flächenbombardements
der Wohngebiete. Über eine halbe Million Zivilisten
kamen um – die meisten in Hamburg und Dresden.
AP (L.); BERUFSFEUERWEHR KÖLN / ARCHIV MICHAEL FOEDROWITZ (R.)
US-General Paul Tibbets über den Abwurf
der Atombomben auf Hiroschima und Nagasaki . . . . . . 70
DIE SCHLACHT AM HIMMEL
Das schwere Los der Frauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
Konjunktur für Schwarzmärkte und Schieber . . . . . . . . 104
Die organisierte Kinderlandverschickung . . . . . . . . . . . 107
DIE FOLGEN DER ZERSTÖRUNG
Warum die Alliierten schließlich siegten . . . . . . . . . . . . . 72
Das tödliche Risiko der Flakhelfer . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
Die Angst der Piloten vor dem Einsatz . . . . . . . . . . . . . 80
Ex-Bordschütze Edwin D. Hays über seinen
Abschuss durch die Deutschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .83
LEBEN IN TRÜMMERN
Der Wiederaufbau durch die Nazi-Planer . . . . . . . . . . . 110
Blindgänger – die gefährliche Erblast des Krieges . . . . . 116
Neues Leben in Luftschutzbauten . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
Die psychischen Schäden durch Bombenterror . . . . . . . 124
Trauma-Therapeutin Luise Reddemann
über die Spätfolgen von Kriegserlebnissen . . . . . . . . . . 126
Hausmitteilung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Buchtipps/Impressum
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
TITELBILD:
W. HAHN / AKG; BPK; DER SPIEGEL; LANDESBILDSTELLE HAMBURG; NATIONAL ARCHIVES
S P E C I A L
Wie die Bombardierten das Chaos überstanden . . . . . . . 86
Die machtlosen Helfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
Wie sich Juden vor der Gestapo retten konnten . . . . . . . 96
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LUFTKRIEG ÜBER EUROPA
„So muss die Hölle aussehen“
Adolf Hitler ließ Coventry „coventrieren“, Winston Churchill im Gegenzug Hamburg
„hamburgisieren“: Zum 60. Mal jährt sich im Sommer die Wende im Luftkrieg
der Alliierten gegen die deutsche Zivilbevölkerung. Die Flächenbombardierung forderte
mehr als 600 000 Tote, darunter fast 80 000 Kinder.
Hamburger Wohnviertel nach der alliierten Bombardierung vom Sommer 1943:
Ein Feuersturm von apokalyptischem Ausmaß zerstörte ein
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