Zeit Geschichte 2016 03.pdf

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ZEIT Geschichte . Demokratie
Die Deutschen und die Demokratie - 1789 bis heute
Wir sind das Volk
Epochen. Menschen. Ideen
Geschichte
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FUNDSTÜCK
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G E I S T VO N 8 9
Eine Jakobinermütze, schön über Stirn und Ohren gezo-
gen, kann man immer gut gebrauchen. Denn im Kampf
um die Demokratie weht mitunter ein scharfer Wind.
1789 erfanden die Franzosen die rote Stoffhaube als Frei-
heitssymbol, meinten sie doch, in der Antike hätten freige-
lassene Sklaven dergleichen getragen.
Exakt zwei Jahrhunderte später ist sie wieder da, in
Deutschland. Im November 1989 füllt sie kraftvoll ein
Plakat. Der Ostberliner Künstler Frank Leuchte (1942 bis
1992) hat es gemalt, um damit auf dem Alexanderplatz
gegen die DDR-Obrigkeit zu demonstrieren.
Dabei ist sie es selbst gewesen, die sich stets auf das
revolutionäre Erbe der Jakobiner berufen hat. Nicht nur
Wahlen, auch die Geschichte hat sie gefälscht. Im Herbst
1989 holt sich das Volk die usurpierte Revolution zurück.
Nun wird das Regime mit den Ideen und Idealen von 1789
konfrontiert, mit der Forderung nach Freiheit, Gleichheit,
nach der Einhaltung von Menschen- und Bürgerrechten,
und es schallt ihm die Parole »Wir sind das Volk« entgegen,
die aus einem berühmten Gedicht Ferdinand Freiligraths
stammt, aus dem Freiheitskampf von 1848.
Frank Leuchtes Plakat erinnert daran: Der Geist von
1789 lebt und lässt sich nicht zerlügen.
B.E.
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EDITORIAL
Umkämpfte Demokratie
Die Deutschen und die Demokratie – nein, es war keine Liebe auf den allerersten
Blick. Bevor der Flirt mit der Freiheit zur festen Beziehung wurde, verstrich mehr
als ein Jahrhundert voller hochfliegender Hoffnungen und bitterer Enttäuschun-
gen. Die Vorkämpfer unserer Demokratie lernten zur Genüge, wie Niederlagen
schmecken. Später erwuchs daraus das Bild eines einzigen Fehlversuchs. Die Ge-
schichte wurde von ihrem katastrophalen Ende her geschrieben, als Chronik des
Scheiterns, bis in dieser Lesart nach 1945 die Siegermächte das antidemokratische
Virus entfernten und ein neues Betriebssystem installierten.
Dieses Heft möchte eine andere Geschichte erzählen. Es legt die lange wäh-
rende Tradition der Demokratie in Deutschland frei, blickt zurück auf die ideelle
Gründerzeit im Sog der Französischen Revolution – und betont, so paradox es
klingt, den Erfolg des Scheiterns. Obwohl die frühen Revolutionäre die gottes-
gnädige Obrigkeit nicht vom Thron stießen, haben ihre beharrlichen Versuche
den Freiheitsidealen auf lange Sicht doch den Weg geebnet. Denn nur weil die
Demokratie so früh Wurzeln schlug, nur weil sie sich tief ins Bewusstsein prägte,
konnte sie am Ende erfolgreich sein. Wenn es eine Lehre aus der Geschichte gibt,
dann diese: Demokratie ist kein Drei-Teile-Puzzle aus Verfassung, Parlament und
Parteien, das sich spielend über Nacht zusammensetzen lässt. Eine stabile Demo-
kratie braucht Zeit, um zu wachsen, nicht nur in Deutschland.
Eine stabile Demokratie? Immer hasserfüllter klingen heute die Tiraden über
»die da oben«. Misstrauen, Entfremdung, die neue Lust am Autoritären – die
»Krise der Demokratie« hat Konjunktur. Mal wieder. Historisch gesehen, das zeigt
dieses Heft, war die Demokratie in Deutschland immer umkämpft, die Krise war
ihr ständiger Begleiter. Das soll nicht heißen, dass wir sorglos in die Zukunft
schauen können. Aber vielleicht geht die Krisendiagnostik von falschen Voraus-
setzungen aus. Denn nur wer sich allzu gemütlich eingerichtet hat in unserer
scheinbar selbstverständlichen Nachkriegsdemokratie, nur wer das Grundgesetz
für den Zieleinlauf der Geschichte hält, mag jetzt erschrecken.
Unsere Demokratie verändert sich, und ihre Zukunft ist nicht gewiss. Die
schwärmerische Vorstellung, wir seien Teil einer unaufhaltsamen Fortschrittsge-
schichte, die früher oder später auch den Rest der Welt beglückt, ist so faszinierend
wie falsch. So rasch, wie der Arabische Frühling verblühte und sich Europas Land-
karte autoritärer färbt, so schnell verdampfen solche Illusionen. Die Demokratie
ist den Deutschen nicht in den Schoß gefallen, und sie wird auch künftig kein
Selbstläufer sein. Immer sind es beherzte Menschen, die sie ermöglichen – die
Autoren dieses Hefts präsentieren dafür die besten Beispiele. Denn das ist die
Quintessenz, die alle Beiträge verbindet: Demokratie lebt nur, wenn sie unentwegt
erkämpft wird. Wenn es leidenschaftliche Demokraten gibt, die sie mit Zähnen
und Klauen verteidigen. Gestern wie heute.
FRANK WERNER
SEITE 34
Robert Blum geht 1848
für die Freiheit in den Tod
SEITE 66
Hatte die Weimarer Republik eine Chance?
Zwei Historiker, zwei Meinungen
Chefredakteur
SEITE 90
Wählen ist nicht alles: Gegen
»Stuttgart 21« gehen Bürger auf die Straße
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I N H A LT
3 Fundstück
6 Wegmarken der Freiheit
Bilder aus der Geschichte
der deutschen Demokratie
72 Das formierte Volk
Die Nationalsozialisten verabscheuen die Demokratie. Doch
sie versuchen, den Schein zu wahren
Von Frank Werner
78 Frankfurt, Weimar, Bonn
Das Grundgesetz ist ohne die Verfassungen von 1849
und 1919 nicht zu denken
Von Benjamin Lahusen
14 »Republikanischer Boden! Mein Vaterland!«
Die Tradition der Demokratie in Deutschland reicht
zurück bis zu den Reichsstädten des Mittelalters
Von Benedikt Erenz
84 Moralisch geeignet
Wie die Amerikaner nach 1945 Demokratie vermitteln.
Ein Beispiel aus Bayern
Von Louisa Reichstetter
20 Blau-Weiß-Rot am Rhein
Im Zeichen der Trikolore entsteht in Mainz die erste
Republik auf deutschem Boden
Von Jörg Schweigard
86 Sehnsucht nach Gemeinschaft
Seit es in Deutschland Parteien gibt, fremdeln die Deutschen
mit ihnen. Warum?
Von Frank Bösch
24 Brüderlich entzweit
Demokrat und Liberaler: Die Brüder Cotta –
ein deutscher Konflikt
Von Tobias Engelsing
90 Wer ist das Volk?
Demokratie ist, wenn alle wählen dürfen – diese Gleichung
geht inzwischen nicht mehr auf
Von Paul Nolte
32 Zeitzeugnis: Die badische Bill of Rights
Die Offenburger »Forderungen des Volkes« sind ein
Dokument des Aufbruchs
Von Frank Werner
98 »Mit dem Rücken zur Wand«
Wie demokratisch sind wir noch?
Martin Schulz und Patrizia Nanz im Streitgespräch
34 »Ich sterbe für die Freiheit«
Robert Blum wird 1848 zum Anführer der Revolution –
und bezahlt dafür mit seinem Leben
Von Ralf Zerback
104 Badischer Frühling
Von Lörrach bis Karlsruhe – eine Reise auf der
»Straße der Demokratie«
Von Christoph Dieckmann
40 Gesichter der Revolution
Männer und Frauen, die 1848
für ein demokratisches Vaterland streiten
42 »Die Revolution blieb in den Köpfen«
Wie wirkten die Jahre 1848/49 nach?
Fragen an den Historiker Dieter Langewiesche
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Bücher
Impressum / Bildnachweise
Zugabe
Vorschau
46 Parlament ohne Macht
Im Kaiserreich erhält der Reichstag neue Aufgaben,
aber nicht mehr Einfluss
Von Volker Ullrich
52 Unentwegt beleidigt
Wie Bismarck kritische Journalisten mundtot
machen will
Von Hans-Wolfgang Wetzel
54 Schnaps für die Wähler
Wahlverdrossenheit gibt es schon im 19. Jahrhundert –
in Deutschland wie in den USA
Von Hedwig Richter
Orte der Unterdrückung
Wo Demokraten hinter Gittern saßen
Seite 31, 45, 63, 77, 97
60 Die Freiheit der Anderen
Rosa Luxemburg kämpft und stirbt für eine radikale
Vorstellung von Demokratie
Von Judith Scholter
64 Endlich begehrt
1919 dürfen erstmals in Deutschland Frauen wählen
Weitere Texte im Internet:
www.zeit.de/zeit-geschichte
TITELMONTAGE:
Barrikadenkampf am 18./19. März 1848 in
Berlin (oben). Unten von links: Friedrich Ebert 1918;
Demonstration am 4. November 1989 in Ost-Berlin;
Menschen auf der Berliner Mauer vor dem Brandenburger Tor am
10. November 1989; Willy Brandt 1985
66 Standpunkte: Wie stark war Weimar?
Die Historiker
Tim B. Müller
und
Andreas Wirsching
sind da sehr unterschiedlicher Ansicht
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