Stern 29_2018.pdf

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Hoffen, beten, tauchen: die gefährliche Rettung
der Fußball-Jungen in Thailand
Die Höhle
GERHARD
SCHRÖDER
Der Altkanzler über
Angela Merkel: „Man muss
auch mal Basta sagen“
IM REICH DER
TÜ RKENROCKER
Gewaltbereit und Erdoğan-treu:
Wie gefährlich sind
die „Osmanen Germania“?
NR. 29
12. 7. 2018
€ 4,70
PLUS: GROSSES
OSTSEEEXTRA
OSTSEE
Für einen Traumurlaub in Deutschland –
wo Inseln und Küste am schönsten sind
101 Tipps: von Usedom
über Rügen, Hiddensee,
Fehmarn bis Flensburg
EDITORIAL
LIEBE LESERINNEN UND LESER
„Mancher in Europa, der
die deutsche Rolle nicht
schätzt, wird klammheimliche
Freude empfinden.“
Altkanzler Gerhard Schröder über den
Streit zwischen CDU und CSU (Seite 38)
E
Christian Krug,
Chefredakteur
s gab Zeiten, da konnte man sich Sorgen machen um den Altkanzler Gerhard
Schröder. Diejenigen, die Zugang zu ihm hatten, berichteten Dinge, die nach
einem unglücklichen Lebensabend klangen. Kommt man heute zu ihm, be-
gegnet einem ein ausgesprochen fröhlicher, ja, glücklicher Mensch. In seiner
Anwaltskanzlei in Hannover begegnet man ihm eigentlich sogar mehrfach.
Schon im Hausflur begrüßt er die Gäste aus einem großen Wandgemälde.
Im Arbeitszimmer blickt er sehr kanzlerhaft aus Bronze gegossen, hinter seinem
Schreibtisch hat er die „Kanzlerbilder“ des Fotografen Konrad R. Müller aufgerahmt.
Beginnend mit Adenauer und, ein Schelm, der sich dabei etwas denkt, endend mit
Schröder. Er ist offensichtlich mit sich im Reinen. Kürzlich hat er sogar wieder gehei-
ratet. Als seine Frau, die Koreanerin Kim So-yeon, ins Zimmer kommt und das Ge-
spräch mit den Journalisten unterbricht, springt er auf, umarmt sie, lässt sich küssen
und sich von ihr den Bauch tätscheln. Das Paar will sich nicht mehr verstecken. Kim
hat das Leben des 74-Jährigen auf den Kopf gestellt. Und er scheint es zu genießen. In
Zukunft will das Paar in Seoul, Berlin und Hannover wohnen. Er lerne sogar schon
Koreanisch, sagt er im
stern-Gespräch
(Seite 36).
Das private Glück war aber nur eine Randnotiz beim Interview.
Schröder ist ent-
setzt über die Regierungskrise der letzten Wochen.
Zu Angela Merkels Rolle darin
sagt er: „Ihre Bedeutung auf der internationalen Bühne ist geschrumpft. Mancher in
Europa, der die deutsche Rolle nicht schätzt, wird klammheimliche Freude empfin-
den. Insofern hat dieser Streit Deutschland geschadet.“ Schröder übt aber auch Kri-
tik an der SPD, die nach seiner Ansicht deutlich stärker hätte eingreifen müssen. Und
bringt gleich etwas Stimmung in die Partei, der er seine Kanzlerschaft zu verdanken
hat. Als einen möglichen Nachfolger sehe er nämlich bei der SPD nur Olaf Scholz und
Niedersachsens Ministerpräsidenten Stephan Weil. Andrea Nahles erwähnt der
Altkanzler mit keiner Silbe. Nach dem mehrstündigen Gespräch hat man das Gefühl,
er wäre gern noch einmal gebeten worden, der Partei an entscheidender Stelle zu
helfen. Schließlich unterstütze er sogar die Kanzlerin mit seinen Kontakten nach
Russland und in die Türkei. Die im letzteren Fall sogar dazu beigetragen haben, dass
deutsche Häftlinge aus dem Gefängnis entlassen wurden. Doch die Partei arbeite sich
weiter an ihm und seiner Agenda 2010 ab, anstatt sie als Erfolg zu verbuchen. Das, wer
hätte das gedacht, hält Schröder für einen schweren Fehler.
Herzlichst Ihr
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